Wie Cannabis Dein Gehirn beeinflusst
Published :
Sep 27, 2018
Categories :
Medizinisches Marihuana
Cannabis enthält mehr als 80 Cannabinoide, die auf verschiedene Arten auf das menschliche Gehirn und den Körper einwirken. Sieh Dir an, wie CBD und THC Dein Gehirn beeinflussen.
WIE CANNABIS DEIN GEHIRN BEEINFLUSST
ZUNÄCHST EIN WENIG WISSEN ÜBER DAS ENDOCANNABINOID-SYSTEM
Das Endocannabinoid-System (ECS) ist im Gehirn, im zentralen Nervensystem und im peripheren Nervensystem angesiedelt. Zusätzlich gibt es auch im Darm und in den glatten Muskeln zahlreiche Cannabinoid-Rezeptoren. Das ECS spielt eine wichtige Rolle bei der Homöostase, indem es gesunde innere Funktionen des menschlichen Körpers aufrechterhält. Es reguliert aktiv Stimmung und Gedächtnis, Physiologie und Schmerzempfindung, Appetit und allgemeine Gesundheit.
Es gibt zwei primäre Cannabinoid-Rezeptoren: CB1 und CB2.
CB1: Diese Rezeptoren finden sich vorwiegend im Gehirn und im zentralen Nervensystem. Sie sind allerdings ebenso in anderen Organen und Bindegeweben anzutreffen. Das Phytocannabinoid (phyto – aus Pflanzen stammend) THC und das Endocannabinoid (endo – von innerhalb des menschlichen Körpers stammend) Anandamid binden an diesen Rezeptor. Die Aktivierung des CB1-Rezeptors durch Anandamid erzeugt Glücksgefühle. Die Aktivierung des gleichen Rezeptors durch THC führt zum High, für das Cannabis bekannt ist.
CB2: Diese Rezeptoren trifft man vorwiegend im Immunsystem und in den umgebenden Strukturen an – und zwar beim Menschen ebenso wie bei anderen Säugetieren. Sie sind verantwortlich für die Modulation der Immunantwort, und ihre Stimulation katalysiert die entzündungshemmende Wirkung von Cannabis. Entzündungen haben sich als erhebliches Symptom, aber auch als Ursache vieler Erkrankungen erwiesen. Bei der Aktivierung des CB2-Rezeptors handelt es sich um eine Immunreaktion des Körpers. Es konnte gezeigt werden, dass die Stimulierung von CB2-Rezeptoren im Gehirn angstlösende Wirkungen besitzt. Ebenso wurde beobachtet, dass diese Stimulation dabei hilft, den Schlaf zu regulieren und die Auswirkungen von Umweltstress zu verringern.
TEIL 1: HIGH WERDEN
High, stoned, breit, bekifft und benebelt sind einige der vielen Begriffe, die verwendet werden, um die Effekte von Cannabis zu beschreiben. Es ist allgemein bekannt, dass die Wirkungen einer Cannabispflanze umso stärker ausfallen, je mehr THC sie produziert. Dieses psychoaktive Cannabinoid interagiert auch mit einer Reihe anderer nicht-psychoaktiver Cannabinoide, wobei der synergistische "Entourage-Effekt" erzeugt wird.
Aber was passiert in Deinem Gehirn, wenn Du high wirst?
Bevor wir uns mit der Biologie befassen, noch schnell zur Frage, welche Effekte Cannabis auslöst. Am häufigsten tritt Euphorie auf, das Gefühl großer Aufregung und Freude. Verminderter Stress und Abbau von Ängsten, veränderte Zeitwahrnehmung sowie ein räumliches Bewusstsein sind ebenfalls üblich. Verstärkte Geselligkeit, erhöhte Redseligkeit, gesteigerte Kreativität und Konzentration sowie manchmal Paranoia werden ebenfalls erlebt. Je nach Sorte und Gehirn kann sich jede dieser Wirkungen mit unterschiedlicher Intensität manifestieren.
ANANDAMID: DAS KÖRPEREIGENE CANNABINOID
Das Endocannabinoid-System wurde erst relativ spät entdeckt. So identifizierte man das Endocannabinoid Anandamid erst in den neunziger Jahren. Dabei handelt es sich um einen Fettsäure-Neurotransmitter, dessen Name vom Sanskrit-Wort für Freude, Glückseligkeit und Entzücken abgeleitet ist. Man nannte es sogar das "Molekül der Glückseligkeit".
Vor der Entdeckung des Anandamids bestand das häufigste Missverständnis bezüglich des Cannabis-Highs darin, dass man davon ausging, es werde durch eine Flut von Dopamin im Gehirn verursacht. Dopamin ist die für angenehme Gefühle verantwortliche Verbindung, die vom Gehirn als Belohnung freigesetzt wird und den präfrontalen Kortex und die Basalganglien beeinflusst. Dies gilt ebenso für viele weitere Substanzen, zu denen zum Beispiel Kokain und Amphetamine gehören. Was nun allerdings Cannabis angeht, belegen aktuelle Studien, dass diese lange Zeit vertretene Auffassung nicht zutrifft.
Anandamid und THC binden beide an die CB1- und CB2-Cannabinoid-Rezeptoren. Das Wichtigste dabei ist, dass die erwähnten Glücksgefühle durch genau diese Bindung ausgelöst werden. Anandamid baut sich jedoch schnell wieder ab, so dass die angenehmen Gefühle ebenso schnell wieder abklingen. THC, das an denselben Rezeptor bindet, wird dagegen langsamer verstoffwechselt und kann daher ein anhaltendes Glücksgefühl verursachen.
Wenn Du Cannabis durch Rauchen, Verdampfen oder als Essware einnimmst, bindet das THC an Rezeptoren in den Neuronen – etwa so, wie ein Schlüssel in ein Schloss passt – und vermittelt dem Körper, dass er etwas tun soll. In diesem Fall besteht die Anweisung darin, ein Gefühl der Glückseligkeit zu schaffen. Ähnliche Effekte können durch Schokolade, Yoga oder Laufen (Runner's High) ausgelöst werden.
NICHT JEDER MAG ES, HIGH ZU WERDEN
Um das Ganze noch ein wenig komplizierter zu machen: THC besitzt eine zweiphasige Wirkung. Wenn es in den richtigen Mengen konsumiert wird, überwiegen die Glücksgefühle. Wenn man es dagegen übertreibt, können die entgegengesetzten Effekte auftreten. Dann entstehen Ängste, Paranoia und Unbehagen. Im Allgemeinen erleben die meisten Menschen ein Glücksgefühl, wenn sie Cannabis konsumieren. Dennoch tritt bei jedem fünften Konsumenten das genaue Gegenteil ein.
Das natürlich vorkommende Enzym FAAH bewirkt, dass Anandamid wieder deaktiviert wird. Manche Menschen sind aufgrund ihrer genetischen Disposition nicht dazu in der Lage, ausreichend FAAH zu produzieren. Daher wird Anandamid von ihnen langsamer abgebaut, so dass sie generell entspannter sind. Bei diesen Personen kann der Konsum von Cannabis eine paradoxe Wirkung haben. Anstatt Glücksgefühle zu erleben, erfahren sie Angst oder Verzweiflung und werden deshalb Cannabis wohl kaum zu Genusszwecken einsetzen.
TEIL 2: GESUND WERDEN
THC und CBD (Cannabidiol) sind nur zwei der über 80 Cannabinoide, die von der Cannabispflanze entwickelt werden. Sie sind jedoch diejenigen Cannabinoide, die man derzeit am besten versteht, und es hat sich gezeigt, dass beide therapeutischen Wert haben.
DELTA-9-TETRAHYDROCANNABINOL
Man hat beobachtet, dass der Konsum von niedrigen bis moderaten THC-Dosen neben der Euphorie, die von Freizeitkonsumenten angestrebt wird, eine Reihe weiterer Wirkungen besitzt. Zu den bekannten nützlichen Eigenschaften gehören:
• Stimmungsverbesserung und Entspannung
• Behandlung von Schlaflosigkeit
• Blockade der Schmerzwahrnehmung
• Verringerung von Übelkeit
• Appetitanregung
Aus der erwähnten biphasischen Wirkung von THC folgt, dass sein wirksames therapeutisches Fenster niedrige bis moderate Dosen erfordert. Höhere Dosen können das genaue Gegenteil der gewünschten Effekte bewirken. Bei der Behandlung von chronischen Schmerzen legen beispielsweise die meisten Untersuchungen nahe, dass moderate Dosen Schmerzen lindern, während größere Dosen die Schmerzwahrnehmung noch verstärken. Es ist deshalb absolut wichtig, bei ergänzenden Behandlungen mit medizinischem Marihuana die Anweisungen des Arztes zu befolgen.
CANNABIDIOL
CBD ist der nicht-psychoaktive Vetter von THC; tatsächlich mildert CBD die Wirkungen von THC. Cannabidiol hat den vielversprechendsten therapeutischen Wert aller Cannabinoide, die bisher entdeckt wurden. Es wirkt auf verschiedene Arten und erweist sich als nützlich, wenn es gilt, eine Reihe von Problemen zu lösen, die Menschen betreffen.
• Es wirkt auf die Hippocampusregion des Gehirns, stimuliert die Neurogenese (Bildung neuer Neuronen) und verbessert das Gedächtnis- und Angstmanagement.
• Es gibt Hinweise darauf, dass CBD Opioidrezeptoren stört. Deshalb ist Cannabis eine mögliche Behandlung bei Opiatabhängigkeit, indem das Belohnungssystem des Gehirns „neu verdrahtet“ wird.
• CBD hemmt die Wiederaufnahme und die Verstoffwechselung von Anandamid, wodurch die natürlichen Endocannabinoid-Spiegel des Körpers erhöht werden. Dieser Effekt verstärkt das Wohlbefinden.
• Studien legen nahe, dass CBD als Antiepileptikum wirken kann und positive Auswirkungen auf weitere, mit Krämpfen assoziierte Erkrankungen wie Multiple Sklerose hat.
• CBD bindet an den TVR1-Rezeptor, der dabei hilft, die Körpertemperatur, Entzündungen und die Schmerztoleranz zu regulieren. Die Verwendung von CBD bei der Behandlung chronischer Schmerzen ist für die Forscher von besonderem Interesse.
• In einer Studie aus dem Jahr 2011, in der CBD gegen Placebos getestet wurde, beobachtete man, dass es angstlösende Wirkungen hat.
• CBD wirkt als Neuroprotektivum und kann bei der Prävention neurodegenerativer Erkrankungen wirksam sein.
Die Erforschung der Wirksamkeit einer CBD-Behandlung bei einer Reihe von Erkrankungen, zu denen Schizophrenie und andere psychotische Störungen, Typ-2-Diabetes, entzündliche Darmerkrankungen und einige Arten von Tumoren gehören, ist weiter auf dem Vormarsch.
Die aufregende Welt von Cannabis als Medizin öffnet sich, während der Würgegriff des Cannabisverbots sich spürbar lockert. Wir benötigen allerdings noch weitere detaillierte Studien über die Funktion des Endocannabinoid-Systems und darüber, wie Cannabis auf dieses System einwirkt. Der Körper und das Gehirn sind enorm komplexe biologische Maschinen, die Marihuana in einer Reihe von nützlichen Arten beeinflussen kann. Vielleicht wird Cannabis endlich in der ganzen Welt entstigmatisiert werden, wenn wir diese Wirkungen flächendeckender und besser verstehen.